Verstand statt Modelle

von Mrz 21, 2018Geldanlage

Wie wird das Wetter? Um Fragen wie diese zu beantworten, nutzen wir Modelle. Mithilfe von Modellen gewinnen wir Erkenntnisse, die uns bei der Entscheidungsfindung helfen. Naturgemäß stellen sie jedoch die Realität nur vereinfacht und unvollständig dar.

In der Investmentbranche sind Faktormodelle regelmäßig Gegenstand von Diskussionen. Entsprechende Systeme werden oft als Smart-Beta-Strategien vermarktet und basieren auf Basismodellen mit Einschränkungen, deren sich viele Anleger möglicherweise nicht bewusst sind.

Um das Konzept nachvollziehen zu können, lassen Sie uns das anhand eines Beispiel für ein Modell aus dem täglichen Leben überprüfen: die Wettervorhersage. Der Meteorologe stellt mithilfe von Daten über aktuelle und vergangene Witterungsbedingungen verschiedene Vermutungen an und versucht, das künftige Wetter vorherzusagen. Dieses Modell kann Ihnen beispielsweise die Entscheidung erleichtern, ob Sie einen Regenschirm mitnehmen sollten. Doch jeder, der schon einmal ohne Regenschirm von einem Regenschauer überrascht wurde, weiß, dass die Realität von der modellbasierten Vorhersage oftmals abweicht.

Im Investmentmanagement werden Modelle eingesetzt, um Erkenntnissen über zukünftige Investmententscheidungen zu gewinnen. Finanzexperten suchen häufig nach neuen Modellen, um Antworten auf Fragen wie beispielsweise „Welche Faktoren beeinflussen Renditen?“ zu finden. Diese Modelle werden oft als komplex und hoch entwickelt angepriesen und setzen Debatten darüber in Gang, wer das bessere Modell hat. Bei der Bewertung von Investmentstrategien kann ein Anleger profitieren, wenn er erkennt, dass die Realität der Märkte – oder die der Wettervorhersage – niemals vollständig durch ein Modell erklärt werden kann. Daher sollten Anleger misstrauisch werden, wenn ein Investmentansatz nur auf dem Vertrauen in ein einziges Modell basiert.

"Zweifel ist kein angenehmer Zustand, Gewissheit jedoch ein absurder."

Voltaire

 

VORSICHT BEI DER BEURTEILUNG

Genau wie die Wettervorhersage sind Investmentmodelle von verschiedenen Daten abhängig. Anstelle von Parametern wie Luftdruck oder Windbedingungen betrachten Investmentmodelle Variablen, wie die zu erwartende Rendite oder die Volatilität verschiedener Wertpapiere. Ein Investmentmodell kann unter Verwendung solcher Daten beispielsweise eine „optimale“ Kombination an Wertpapieren empfehlen. Als Grundlage dafür werden die zu erwartenden Interaktionen zwischen den Merkmalen der einzelnen Wertpapiere im Zeitverlauf vorhergesagt. Die Verwender von solchen Prognosen sollten jedoch vorsichtig sein. Das Sprichwort „Garbage In, Garbage Out“ (Die Eingabe schlechter Daten produziert ebenso schlechte Resultate) gilt auch für Modelle und die dafür verwendeten Daten. Oder anders ausgedrückt: Ein Modell kann nur so gut sein, wie seine Datengrundlage. Fehlerhafte Annahmen können zu fehlerhaften Empfehlungen führen. Sogar mit einer soliden Grundannahme, kann ein Nutzer der zu viel Vertrauen in naturgemäß ungenaue Daten setzt, immer noch extremen Folgen ausgesetzt sein.

Angesichts dieser Beschränkungen glauben wir an die finanzwissenschaftliche Forschung, die Scharfsinnigkeit und ein klares Bewusstsein über die damit verbundenen Einschränkungen des Nutzers verlangt, um zu ermitteln, wann und wie die Modelle geschickt eingesetzt werden können. Kein Modell ist eine perfekte Abbildung der Realität. Die Frage ist nicht „Ist das Modell richtig oder falsch?“ (Die Antwort darauf ist immer falsch), sondern vielmehr „Wie kann mir dieses Modell zu einem besseren Verständnis verhelfen?“ und „Wo könnten die Schwächen des Modells liegen?”

Wie kann sich ein Anleger dieses Wissen zunutze machen?

Für die Bewertung verschiedener Investmentansätze ist der erste wichtige Schritt, nachzuvollziehen, inwiefern ein Manager die Ideen eines Modells effektiv testen und unter realen Bedingungen implementieren kann. Dieser Schritt erfordert eine Einschätzung durch den Manager. Ein Anleger, der einen Manager engagiert, um die Lücke der Beurteilung zu schließen, setzt ein hohes Maß an Vertrauen in ihn. Einige Ansätze, wie zum Beispiel traditionelle Indexfonds, erfordern aufgrund ihrer Transparenz nur ein geringes Maß an Vertrauen des Anlegers, da die Modelle häufig einfach konzipiert sind und es leicht zu bewerten ist, ob die Rendite des Index nachgebildet wurde. Ein Nachteil dieser mechanischen Transparenz besteht darin, das Potenzial für höhere Renditen nicht durch dieses Modell zu erfassen, da es vorrangig den Index nachbildet. Bei schwer verständlichen und komplexen Ansätzen, wie zum Beispiel aktiven oder komplexen quantitativen Strategien, ist das erforderliche Maß an Vertrauen deutlich höher. Anleger sollten verstehen, wie Manager Modelle einsetzen, um zu bewerten wie effektiv ihre Implementierung ist. Dabei sollte insbesondere auf die Art der Implementierung solcher Strategien geachtet werden. Laut des Nobelpreisträgers Robert Merton erfolgt die erfolgreiche Anwendung eines Modells durch „10% Inspiration und 90% Transpiration“. Mit anderen Worten: Eine gute Idee ist erst der Anfang. Die größte Herausforderung für den Erfolg einer Idee besteht darin, diese effektiv zu implementieren und dafür zu sorgen, dass sie auch funktioniert.

Letztlich besteht der Unterschied darin, einem Modell blind zu folgen oder es in vernünftiger Weise als Orientierungshilfe für Anlageentscheidungen zu nutzen. Wenn sich Anleger nicht vom großen Wirbel um die „neuesten und großartigsten“ Anlageprodukte beeindrucken lassen und einen Ansatz finden, der auf vernünftiger Beurteilung und durchdachter Implementierung beruht, steigen die Chancen auf eine positive Investmenterfahrung.

 

Kapitalanlagen beinhalten Risiken. Der angelegte Kapitalwert sowie die daraus erzielte Kapitalrendite unterliegen Schwankungen, sodass der Wert der Fondsanteile bei Rückgabe über oder unter dem Erwerbskurs liegen kann. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar. Es gibt keine Garantie dafür, dass Strategien erfolgreich sind. Dieses Material dient nur zu Informationszwecken. Es stellt keine Empfehlung und kein Angebot zur Zeichnung oder zum Kauf von hier genannten Produkten oder Dienstleistungen dar. Die zur Verfügung gestellten Informationen stellen keine ausreichende Grundlage für Anlageentscheidungen dar.